Bulle als Symbol f r die Marktwirtschaft
2023 M05 22, Mon 14:08

Wie Wirtschaft funktioniert: Schlüsselkonzepte der VWL und Auswirkungen auf den Markt

Das Intensivstudium KMU ist ein Diplomprogramm für Führungskräfte aus kleinen und mittleren Unternehmen, das fundiertes und aktuelles Managementwissen für die Unternehmensführung vermittelt. Das Programm besteht aus zehn Blockwochen, die jeweils einem Schwerpunktthema gewidmet sind. Die zweite Blockwoche stand unter dem Titel «ökonomische Rahmenbedingungen», darin behandelt wurde eine breite Palette an Themen zu wichtigen Aspekten der Volkswirtschaftslehre.

Nach dem Bericht zur ersten lehrreichen Woche des Weiterbildung, fasse ich nachfolgend die zweite Woche zusammen. Durch die Woche führte Prof. Dr. Rudolf Minsch, Chefökonom und stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsleitung von economiesuisse, dem Dachverband der Schweizer Wirtschaft.

Angebot und Nachfrage: Grundkonzept der Volkwirtschaftslehre

Am Montag starteten wir mit einem grundlegenden Konzept in der Volkswirtschaftslehre: Der Angebots- und Nachfragekurve und damit einem Schlüsselfaktor bei der Bestimmung von Preisen und Mengen auf Märkten. Die Einfachheit des Modells liegt darin, dass Angebot und Nachfrage durch linearen Funktionen angenähert werden, in deren Schnittpunkt die Gleichgewichtsmenge (als x-Koordinate) und der Marktpreis (als y-Koordinate) abgelesen werden können.

Angebot und Nachfrage: Wenn sich die Nachfragekurve nach links verschiebt, so wird sich der Gleichgewichtspreis und -menge verringern, der Schnittpunkt wandert diagonal von G-0 nach G-1 (aus Wikipedia)

Ändern sich Faktoren im Markt, wie beispielsweise Anzahl Haushalte, deren Präferenzen, Preise von Substituten oder Komplementärgütern, so verschiebt sich die Nachfragekurve; Faktoren, wie Anzahl Anbieter, Inputkosten (z.B. Lohn oder Materialkosten) oder produktionsbezogene Abgaben verschieben die Angebotskurve. In beiden Fällen wäre durch die Verschiebung eine Marktpreisänderung zu erwarten (siehe Bild oben).

Anhand des einfachen Modells lassen sich zudem Auswirkungen von Steuern, Subventionen, Zöllen und anderen staatlichen Eingriffen und die Effekte der Marktöffnung durch Globalisierung, und die damit verbundenen Wohlfahrtsverluste oder -gewinne anschaulich und verständlich erklären.

Arten der wirtschaftlichen Intervention

Anschliessend haben wir zwei unterschiedliche Ansätze zur wirtschaftlichen Intervention diskutiert, wie nun der Staat in die Wirtschaft eingreifen kann: Monetarismus und Keynesianismus.

Letzterer wurde von John Maynard Keynes enwickelt. In Zeiten wirtschaftlicher Abschwünge soll die Regierung intervenieren und die Nachfrage erhöhen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Keynes argumentierte, dass die Regierung durch öffentliche Investitionen und Defizitausgaben die Nachfrage erhöhen und somit Arbeitslosigkeit reduzieren kann.

Monetarismus ist eine wirtschaftliche Theorie, die von Milton Friedman in den 1960er Jahren entwickelt wurde. Der Monetarismus besagt, dass die Geldmenge in der Wirtschaft der wichtigste Faktor für die Inflation ist. Daher sollte die Geldmenge von der Regierung und der Zentralbank kontrolliert werden, um die Inflation zu regulieren. Friedman argumentierte auch, dass die Wirtschaft sich selbst steuert und dass Regierungen sich aus der Wirtschaft heraushalten sollten.

Über die geldpolitische Umsetzung in der Schweiz berichtete uns deren Direktor Dr. Nicolas Alexis Cuche-Curti als Vertreter der Schweizer Nationalbank (SNB). Gemäss Artikel 5 Absatz 1 im Nationalbankgesetz liegt das primäre Ziel der SNB darin, die Preisstabilität zu gewährleisten.
Entscheidungen und Massnahmen der SNB haben weitreichende Auswirkungen auf den Markt, denn sie beeinflussen die Geldmenge, den Zinssatz, die Inflation und den Wechselkurs. Die Eingriffe in den Finanzmarkt müssen im Rahmen interner Prozesse regelmässig vor einem internen Gremium argumentiert und plausibilisiert werden.

Die Wirkungsmechanismen sind komplex und vielschichtig: Indem die Nationalbank die Geldmenge verändert, kann sie den Zinssatz beeinflussen und somit die Nachfrage nach Krediten und Investitionen steuern. Eine Erhöhung des Zinssatzes verringert die Nachfrage nach Krediten und Investitionen und kann somit zu einer Senkung der Inflation führen. Ein niedriger Zinssatz hingegen kann die Nachfrage nach Krediten und Investitionen erhöhen und somit das Wirtschaftswachstum ankurbeln.
Die Inflation, die durch eine erhöhte Geldmenge entstehen kann, hat wiederum Auswirkungen auf den Markt. Eine hohe Inflationsrate kann dazu führen, dass die Preise steigen, was die Nachfrage senkt und das Angebot erhöht. Der Wechselkurs beeinflusst den internationalen Handel und kann Auswirkungen auf Exporte und Importe haben. Die Nationalbank kann den Wechselkurs beeinflussen, indem sie die Geldmenge und den Zinssatz reguliert.

Arbeitsmarkt

Unter Beachtung verschiedener Statistiken, diskutierten wir die Rolle von Geschlecht, Bildung, Qualifikation und Nationalität hinsichtlich der Erwerbstätigkeit und Löhnen auf dem Arbeitsmarkt. Es war eindrücklich zu sehen, dass Jugendliche (15-24 Jährige) mit 7.5% im Jahr 2022 deutlich häufiger erwerbslos sind als ältere Personen (Erwerbslose gemäss ILO aus https://www.bfs.admin.ch/).
Dass Mindestlöhne als Gegenmassnahme auch negative Effekte haben könnten, sahen wir simplifiziert in der modellierten Gegenüberstellung zwischen Arbeitsangebot der Unternehmer und Arbeitsnachnachfrage der Arbeitnehmer. In dieser theoretischen Betrachtung lässt sich ableiten, dass wenn der Mindestlohn höher ist als der Gleichgewichtslohn auf dem Arbeitsmarkt, die Arbeitgeber weniger Arbeitnehmer einstellen werden oder Arbeitnehmer entlassen, um ihre Kosten zu senken, was wiederum unfreiwillige Arbeitslosigkeit entstehen lassen könnte. Weitere Faktoren, welche in dieser modelarischen Betrachtung berücksichtigt werden müssen, sind zum Beispiel die Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, die Arbeitsbedingungen oder die Flexibilität des Arbeitsmarktes.

Welche Herausforderungen der Arbeitsmarkt im internationalen Kontext birgt, zeigte uns im Anschluss Caroline Forster, Co-CEO der Forster Rohner Gruppe in einem interessanten Vortrag. Besonders spannend waren die geteilten Erfahrungen zum Umgang mit kulturellen Unterschieden und den ausländischen regulatorischen Hürden.

Mit Daten zu fundierten Erkenntnissen

Um informierte Entscheide zu treffen, ist es wichtig Fakten und Daten basiert argumentieren zu können, dazu animierte uns Dr. Carolin Güssow. Sie arbeitet am Swiss Institute for International Economics and Applied Economic Research. Mit der Software DataSight zeigte sie uns ein ein online Tool zur Datenanalyse und Datenvisualisierung, um verschiedene Wirtschaftsindikatoren, wie beispielsweise das Bruttoinlandprodukt oder auch eigenen Unternehmenswerten zu untersuchen. Wir verglichen Absolutwerte und Wachstumsraten der Indikatoren in verschiedenen Ländern und Zeiträumen. Mit Hilfe von Regressionsmodellen analysierten und interpretierten wir die verschiedenen ökonomischen Variablen und konnten so Trends und Zusammenhänge aufdecken. Wobei wir Indikatoren kennenlernten, um Korrelation so gut wie möglich von Kausalität zu unterscheiden.

Hat man einem Zusammenhang in Daten aus der Vergangenheit festgestellt, so fragt man sich zurecht, wie sich die Kennzahlen in Zukunft entwickeln könnten. Prof. Dr. Jan Egbert Sturm ist ein bekannter Ökonom und Experte für Konjunkturprognosen. Als Professor für Angewandte Ökonometrie an der Universität St. Gallen und Leiter des Konjunkturforschungsinstituts KOF beschäftigt er sich intensiv mit der Analyse und Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz und anderen Ländern. Seine Prognosen sind in der Regel sehr präzise und werden von Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik sehr geschätzt.

Jodeln über den Wolken - ein Erlebnis auf den Kronberg

Als Rahmenprogramm und Ausgleich zu den theoretischen Diskussionen wurde ein freudiges Highlight eingebaut: Eine Gondelfahrt, führte uns hoch hinaus auf die Bergstation Kronberg mit einer wunderbaren Aussicht. Dies war jedoch längst nicht alles.

Aussicht vom Kronberg im April 2023

Auf dem Programm stand etwas ganz Besonderes: Jodeln lernen! Wir wurden von zwei erfahrenen Appenzeller Jodlern in die Kunst des Jodelns eingeführt. Anfangs waren wir alle etwas schüchtern, aber die beiden Jodler schafften es schnell, uns aus der Reserve zu locken.
Im Anschluss wurden wir von Felix Merz, dem Geschäftsführer und Gastgeber auf dem Kronenberg in Empfang genommen und vom Kronberg Team mit einem köstlichen Essen verwöhnt.
Der Abend zeigte, wie wichtig es ist, hin und wieder aus der Komfortzone auszubrechen und neue Erfahrungen zu sammeln. Ein herzliches Dankeschön an Felix, sein Team, und die Appenzeller Jodler für diesen unvergesslichen Abend!

Märkte sind effizient, nicht aber notwendigerweise fair

Vom Jodeln zum Bundesgesetz: In der zweiten Hälfte der Kurswoche befassten wir uns mit dem Kartellrecht, einem wichtigen Instrument zur Sicherstellung eines fairen und effizienten Wettbewerbs. Prof. Dr. Stefan Bühler ist ein renommierter Experte für Kartellrecht und Wettbewerbspolitik, er zeigte uns die ökonomischen Grundlagen des Kartellrechts und wie wir kartellrechtliche relevante Verhaltensweisen erkennen können.
Mit interessanten Beispielen aus der Praxis zeigte er uns wie vertikale und horizontale Wettbewerbsabreden qualifiziert und sanktioniert werden, aber auch welche Instrumente der Wettbewerbskommission zur Verfügung stehen, um Monopole zu verhindern, den Verbraucher zu schützen und somit einen gesunden Wettbewerb zu erhalten.

Und wie entstehen Gesetze im Arbeitsrecht? Gesetze entstehen in einem demokratischen System über die Konsensfindung von verschiedenen entgegengesetzten Meinungen, dies ist meines Erachtens eine der wichtigen Säulen, welche das politische System in der Schweiz mitunter besonders stabil macht. Ein unmittelbares Beispiel hierzu war ein Streitgespräch zur Rentenreform und dem Umgang mit den höheren Lebenserwartung: Eingeladen waren Simon Wey, Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt und Sozialpolitik beim Schweizerischen Arbeitgeberverband, und Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Beide hatten erwartungsgemäss unterschiedliche Ansichten, wie die Stabilisierung der Altersvorsorge gestaltet werden soll.

Eine alternative Perspektive zum Abschluss

Ein unerwarteter Abschluss der Woche war ein Referat von einem Überraschungsgast, Ludwig Hasler. Ein engagierter und lebenslustiger Philosoph und Physiker, der sich heute unter anderem mit den Wurzeln der Intelligenz beschäftigt. Er ist der Meinung, dass Bewegung der Schlüssel zur Menschwerdung ist, worüber er ein Buch geschrieben hat. In seinen Reden ermutigt er Menschen , im Alter aktiv zu bleiben. Dabei betont er die Bedeutung von Flexibilität und die Übernahme von Verantwortung im Leben; In Kontext des Studiums gab er uns den Anstoss als Unternehmer:innen in Bildern zu denken, welche auch nachfolgenden Generationen eine schöne Zukunft aufzeigen.

Einmal mehr ist das Fazit: Die Blockwoche war sehr lehrreich. Wir haben nicht nur viel theoretisches Wissen erworben, sondern auch viele praktische Beispiele und Übungen gemacht. Die Dozent:innen und die Gastreferent:innen brachten viele Blickwinkel auf die volkswirtschaftlichen Themen und regten zu Diskussionen an. Während der ganzen Woche hatten wir kompetente administrative Unterstützung durch Albana Dibrani und Nicole Uhler und wurden kulinarisch verwöhnt durch das WBZ Team, ein herzliches Dankeschön für die gute Organisation. Ich freue mich bereits schon auf die nächste Blockwoche!

Publiziert im Ventoo Blog am 2023 M05 22, Mon 14:08 von Dominique Negele.

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