Microsoft Azure Datacenter Schweiz: Relevante Informationen für KMU
Anlässlich der bald verfügbaren Microsoft Azure Datacenter-Region Schweiz mit zwei geo-redundanten Datacenter-Standorten im Grossraum Zürich und Genf, haben wir ein Interview mit Primo Amrein, Cloud Lead bei Microsoft Schweiz, durchgeführt.
Was Sie aus dem Gespräch mitnehmen
- Mittlerweile entscheiden sich viele KMU aufgrund von Cyber-Security Überlegungen für den Weg in die Public Cloud.
- Die Schweizer Datacenter Standorte der grossen Public Cloud Anbieter, eröffnen auch regulierten Industrien neue Chancen.
- Rahmenbedingungen wie der CLOUD Act müssen in die Risikobewertung einfliessen, wobei es wichtig ist, eine faktenbasierte Analyse durchzuführen.
- Für eine systematische Risikoanalyse bietet Microsoft zahlreiche Informationen und Prüfberichte, welche insbesondere auch von KMU genutzt werden können.
- Security und Compliance Optimierungen, welche für Grossmieter der Schweizer Microsoft Datacenter entwickelt wurden, kommen dank standardisierter Services automatisch Schweizer KMU Kunden zugute.
Im Gespräch: Primo Amrein, Cloud Lead bei Microsoft Schweiz
Nachfolgend haben wir Ihnen das Video-Transkript zum nachlesen aufbereitet.
Patrick Lüthi (Ventoo): Wir beobachten seit einiger Zeit, dass KMU aus dem regulierten Bereich viel mehr Public Cloud Dienste nachfragen. Wie erklärst du dir diese Nachfrageänderung und was waren aus deiner Sicht die entscheidenden Faktoren, welche diese Dynamik ausgelöst haben?
Primo Amrein (Microsoft): Diesbezüglich möchte ich zwei Entwicklungen betonen. Noch vor 12 bis 18 Monaten waren sehr viele Kunden zwar interessiert an der Public Cloud, aber hatten aufgrund von Security-Aspekten noch bedenken. Mittlerweile hat sich das Blatt beinahe komplett gewendet und viele Unternehmen realisieren, dass man den Cyber-Security Herausforderungen mit den eigenen Mitteln nicht mehr gewachsen ist. Gerade in diesen Situationen bietet die Public Cloud dank der Nutzung von Skaleneffekten die Mittel, um diese Herausforderungen anzugehen.
Die zweite Entwicklung betrifft die Ankündigung von Microsoft und anderen Mitbewerbern, mit dem Bau von lokalen Datacentern in der Schweiz eine lokale Datenhaltung zu ermöglichen. Dies ist für Unternehmen in regulierten Industrien oder in deren Umfeld eine sehr interessante Option, um konform mit bestehenden Bestimmungen in die Public Cloud zu wechseln.
Patrick Lüthi (Ventoo): Das führt mich direkt zum nächsten Punkt und zwar betont Microsoft die Demokratisierung der Technologie sehr stark, welche durch die Cloud ermöglicht wird. Das ist eine sehr positive Entwicklung aus unserer Sicht und bedeutet, dass KMU Zugang bekommen zu Enterprise-Technologie, welche sie zuvor nicht nutzen konnten, was ihnen neue Chancen eröffnet. Gleichzeitig wirft dies neue Fragen hinsichtlich der Kontrolle auf – Stichwort CLOUD Act. Kannst du hierzu ausführen, was die Position von Microsoft zu diesem Thema ist?
Primo Amrein (Microsoft): Grundsätzlich ist Microsoft sehr proaktiv in der Information zu diesem Thema. Wir wollen nicht alles rosa malen und behaupten, dies sei nicht relevant. Unter dem Strich sind wir ein US Service Provider. Auf der anderen Seite betonen wir immer die Fakten: Gerade beim Thema CLOUD Act sehen wir sehr viele Emotionen und Halbwahrheiten. So ist es zum Beispiel ganz klar, dass der CLOUD Act nicht nur die Cloud betrifft sondern auch andere Bereiche darunterfallen. Gleichzeitig geht es nicht nur um US-Regierungsanfragen, sondern es Betrifft auch Anfragen anderer Regierungen. Dies war auch schon früher nicht anders.
Natürlich hat man mit dem CLOUD Act in den USA gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen hat, um Daten abzufragen. Dabei ist aber zu beachten, in welchen Bereichen dies gilt. Mit Blick auf die Fakten, betrifft dies grundsätzlich Anfragen bei Verdacht auf kriminelle Handlungen. Dies widerspiegelt sich auch in den Zahlen, welche wir notabene veröffentlichen. Darin erkennt man, dass erstens weit über 99% der Fälle US-Bürger betreffen, es zweitens zur Hauptsache um Konsumenten geht und drittens keine Inhaltsdaten betroffen sind. Solche Anfragen zielen primär auf Szenarien bei denen man Auskunft über eine Person haben möchte, welche man unter Terrorismusverdacht hat. Dies betrifft dann vorallem Informationen darüber wann diese Person auf Hotmail zugegriffen hat, aus welchem Land heraus und mit welcher IP Adresse dieser Zugriff geschah. Das bedeutet jedoch keine 100 prozentige Garantie, dass dies nicht auch einen Firmenkunden betrifft. Aus einer Risikobetrachtung heraus ist es jedoch etwas, dass man unter Kontrolle haben kann.
Patrick Lüthi (Ventoo): Gerade diese Risikobewertung ist für KMU oftmals schwierig in einen systematischen Risikoprozess umzusetzen. Insbesondere auch mit Blick auf die begrenzten Ressourcen. Was würdest du aus deiner Sicht oder aus der Sicht von Microsoft einem KMU empfehlen, um trotz dieser Einschränkungen und den limitierten Ressourcen, eine Auslagerung von Diensten in die Public Cloud zu erwägen?
Primo Amrein (Microsoft): Es ist sicher so, dass man als KMU beschränkte Ressourcen hat und diese Risikoabwägungen nicht bis ins letzte Detail machen kann, wie bei einem Grosskonzern. Trotzdem ist es wichtig, dass man insbesondere bei der Erstauswahl eines Cloud Providers die Hausaufgaben macht und man idealerweise mit einem Partner zusammen abklärt, was es für Alternativen gibt. Wir gehen hierzu sehr proaktiv und transparent mit Informationen um, weil wir wissen, dass wir das Vertrauen der Kunden nicht erzwingen können. Wir hoffen, dass wir mit der Transparenz und den Informatioen die wir teilen, das Vertrauen gewinnen können. Das bedeutet auch, dass man wirklich zu den Informationen kommt die man benötigt, um im Anschluss die Risikoabwägung machen zu können. Natürlich, wie bereits erwähnt, wird dies bei einem KMU nicht so tief im Detail geschehen wie bei einem Grossunternehmen, aber die grundsätzliche Auseinandersetzung mit diesen Informationen ist wichtig. So findet man insbesondere auch Prüfberichte von einigen grossen Audit-Unternehmen, welche als Basis dienen können und online einsehbar sind.
Patrick Lüthi (Ventoo): Wenn wir nochmals zurückgehen auf die zwei neuen Datacenter-Standorte in der Schweiz, welche mit dem zusätzlichen Rückenwind einiger Grossunternehmen zustande kamen: Was denkst du, bedeutet diese Entwicklung für Schweizer KMU, dass diese nun ebenfalls den Standort Schweiz als eigene Azure Datacenter Region nutzen können?
Primo Amrein (Microsoft): Es ist so, dass wir einen grossen Ankermieter gewinnen durften und dass dies eine Initialzündung war, für die entsprechenden Datacenter in der Schweiz. Aber es ist nicht der einzige Grund. Insbesondere auch das grosse KMU-Land Schweiz hat uns dazu bewogen, dass wir zum Schluss kamen, dass grosses Potential vorhanden ist. Schweizer Firmen sind tendenziell stark international vernetzt und wollen auch die Innovationen nutzen und die Digitale Transformation mitgestalten und vorwärtstreiben können – und an das Glauben wir sehr stark. Der Schweizer Standort wird auch sehr grosse Vorteile für diese KMU bringen. Dank der Zusammenarbeit mit grossen Ankermietern haben wir zusätzliche Security und Compliance Aspekte, welche wir für diese Unternehmen bereits erfüllen müssen und nun automatisch auch allen KMU zugutekommen. Die KMU profitieren hierbei im Vergleich zu einem dedizierten Outsourcing von hochstandardisierten und automatisierten Cloud-Prozessen.
Patrick Lüthi (Ventoo): Die Digitale Transformation verändert Unternehmen und mit dem oder parallel dazu die Gesellschaft. Gleichzeitig gibt es viele neue Opportunitäten, welche nicht nur wirtschaftlicher Natur sondern auch sozialer Natur sind. Nichtsdestotrotz schafft die Digitale Transformation Unsicherheiten, abhängig von der Perspektive welche man einnimmt oder hat. Wenn du jetzt frei bestimmen und auswählen könntest, welches Ergebnis würdest du dir vom Prozess der Digitalen Transformation für die Gesellschaft wünschen?
Primo Amrein (Microsoft): Ich wünsche mir, dass die Gesellschaft, insbesondere die Schweizer Gesellschaft, dank der Digitalen Transformation mehr Innovation betreiben kann, wo man befreit wird von eher lästigen monotonen Arbeiten, indem diese vermehrt automatisiert erfolgen können. Das bedeutet auch, Stichwort Angst oder Unsicherheit, dass gewisse Arbeitsplätze in solchen Bereichen verschwinden werden. Wobei auf der anderen Seite sehr viele neue Arbeitsplätze entstehen.
In allen Transformationsprozessen in der Wirtschaft, welche wir bisher weltweit sahen, gab es immer diese Szenarien, wo gewisse Sachen verschwinden, aber sehr viel Neues kommt. Und ich glaube die Schweiz hat eine riesige Chance sich zu positionieren, wenn diese gemeinsam und schnell angepackt wird. Einerseits betrifft dies die Anbieterseite mit Blick auf Datenstandort und sicherer Hafen Schweiz, andererseits die Partner- und Kundenseite, um diese Innovationen mittreiben zu können und neue Services und Produkte zu entwickeln, damit wir wirklich an der Spitze dabei sind. Wenn ich in Bezug auf den gesellschaftlichen Aspekt kurz ausholen darf, so ist die Schweiz ein Land, welches keine natürlichen Ressourcenvorkommen hat. Noch vor hundert Jahren waren sehr viele Menschen in der Schweiz sehr arm. Mein Vater, welcher 1921 in eine Bauernfamilie mit über zehn Geschwistern geboren wurde und wo Hunger allgegenwärtig war, zeigt was die Schweiz in der Zwischenzeit für einen Weg dank Arbeit und Disziplin machte. Wobei ich denke, dass es diese Tugenden sind, welche zusammen mit Pioniergeist und Innovationen die Zukunft fortschreiben können.
Vielen Dank für das Gespräch, Primo.